Heinz J. Eilermann Ihr Rechtsanwalt in Osnabrück
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Aktuelles aus dem Verkehrsrecht

BGH: Verweis des Schädigers auf eine „freie“ Fachwerkstatt

Urteil vom 07.02.2017, Az: VI ZR 182/16

BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 Gb, § 254 Abs. 2 Dc

a) Der Schädiger kann den Geschädigten gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien" Fachwerkstatt verweisen, wenn er darlegt und beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt entspricht und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb einer markengebundenen Werkstatt unzumutbar machen würden ( Senatsurteile vom 28. April 2015 - VI ZR 267/14 , VersR 2015, 861 Rn. 9 f.; vom 15. Juli 2014 - VI ZR 313/13 , NJW 2014, 3236 Rn. 8; vom 3. Dezember 2013 - VI ZR 24/13 , VersR 2014, 214 Rn. 9; vom 14. Mai 2013 - VI ZR 320/12 , NJW 2013, 2817 Rn. 8; vom 13. Juli 2010 - VI ZR 259/09 ,DAR 2010, 577Rn. 6 f.; vom 22. Juni 2010 - VI ZR 302/08 , NJW 2010, 2727 Rn. 6 f.).

b) Bei Fahrzeugen, die älter sind als drei Jahre, kann der Verweis auf eine technisch gleichwertige Reparaturmöglichkeit in einer "freien" Fachwerkstatt insbesondere dann unzumutbar sein, wenn der Geschädigte konkret darlegt, dass er sein Fahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen und dies vom Schädiger nicht widerlegt wird ( Senatsurteile vom 28. April 2015 - VI ZR 267/14 , VersR 2015, 861 Rn. 10; vom 13. Juli 2010 - VI ZR 259/09 ,DAR 2010, 577Rn. 8; vom 22. Juni 2010 - VI ZR 302/08 , NJW 2010, 2727 Rn. 7 und - VI ZR 337/09, NJW 2010, 2725 Rn. 10 [BGH 22.06.2010 - VI ZR 337/09] ).

c) Ist ein über neun Jahre altes und bei dem Unfall verhältnismäßig leicht beschädigtes Fahrzeug zwar stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt repariert, dort aber in den letzten Jahren vor dem Unfall nicht mehr gewartet worden, ist der Verweis auf eine "freie" Fachwerkstatt nicht unzumutbar.

BGB: Verweis des Geschädigten auf "freie Fachwerkstatt"

Urteil vom 28.04.2015, Az: VI ZR 267/14

a) Der Schädiger kann den Geschädigten gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, wenn er darlegt und beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt entspricht und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb einer markengebundenen Werkstatt unzumutbar machen würden.

Unzumutbar ist eine Reparatur in einer "freien Fachwerkstatt" für den Geschädigten insbesondere dann, wenn sie nur deshalb kostengünstiger ist, weil ihr nicht die (markt-)üblichen Preise dieser Werkstatt, sondern auf vertraglichen Vereinbarungen mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers beruhende Sonderkonditionen zugrunde liegen (Bestätigung Senatsurteil vom 22. Juni 2010 - VI ZR 337/09 , VersR 2010, 1097 Rn. 7).

b) Der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer hat darzulegen und zu beweisen, dass die von ihm benannte "freie Fachwerkstatt" für die Reparaturen am Fahrzeug des Geschädigten ihre (markt-)üblichen, das heißt allen Kunden zugänglichen Preise zugrunde legt (Bestätigung Senatsurteil vom 22. Juni 2010 aaO Rn. 9).

c) Allein der Umstand, dass die fragliche "freie Fachwerkstatt" mit dem Haftpflichtversicherer in Bezug auf Reparaturen von Kaskoschäden seiner Versicherungsnehmer vertraglich verbunden ist, lässt eine Verweisung auf sie nicht unzumutbar erscheinen.

AG DELMENHORST vom 25.02.2014, 81 DS 630 JS 49051/12 152/13

Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund einer Epilepsie des

Betroffenen

Kommt es aufgrund eines Epilepsieanfalls des Betroffenen zu einem
Unfall, kann dies ein Grund sein, dem Betroffenen die Fahrerlaubnis
nach § 69 StGB zu entziehen. (Aus den Gründen: ...Der Angeklagte
ist Epileptiker. Die Epilepsie zeigt sich bei ihm sowohl durch
grosse Anfälle mit Sturz und Zuckungen als eben auch durch komplex-
fokale Anfälle, wobei eine genaue Dokumentation der Anfallshäufig-
keit nicht vorliegt. Zu Lasten des Angeklagten wirkt sich hingegen
aus, dass er über viele Jahre ein überdurchschnittliches Mass an
Pflicht- und Verantwortungslosigkeit an den Tag legte, sich allen
Hinweisen auf seine dauerhaft nicht mehr gegebene Fahrtauglichkeit
verweigerte, stattdessen egoistisch nicht von der motorisierten
Verkehrsteilnahme lassen konnte. Auf der Heimfahrt wurde dann ein
junger Mann getötet und ein Kind auch noch in konkrete Todesgefahr
gebracht. Er war und ist seit Jahren inpersona eine abstrakte Ge-
fahr für die Sicherheit des öffentlichen Strassenverkehrs...).

AG RIESA vom 14.05.2014,

1 OWI 703 JS 36868/13

Ordnungsgemässe Durchführung einer Atemalkoholmessung mit dem Mess-

gerät Dräger "Alcotest 7110 Evidential"

Wird die Messung einer Atemalkoholkonzentration mit dem Gerät Drä-
ger "Alcotest 7110 Evidential" vorgenommen, müssen zuzüglich der 20
Minuten zwischen der Beendigung des Trinkens und dem Alkoholtest
weitere 10 Minuten gewartet werden, bevor die AAK gemessen werden
kann. In diesen 10 Minuten ist jegliches Essen und Trinken verbo-
ten. Wird dies nicht beachtet, darf das Messergebnis nicht als Be-
weis im Prozess verwertet werden. (Aus den Gründen: ...Die Atemal-
koholmessung erfolgte mit dem geeichten Messgerät Dräger "Alcotest
7110 Evidential". Hierzu ergab die Hauptverhandlung, dass der Be-
troffene nach einer ersten nichtverwertbaren Messreihe, die zwi-
schen 23:13 und 23:20 Uhr durchgeführt wurde, vor der zweiten Mess-
reihe, die um 23:24 Uhr begonnen hat, ein Glas Wasser getrunken
hat. Dies bestätigte die Zeugin, die ermittelnde Polizeibeamtin.
Damit ist die Gebrauchsanleitung des zum Einsatz gebrachten Messge-
rätes nicht eingehalten worden...).

AG BERLIN-WEDDING vom 19.08.2014,

16 C 73/14

Polizeibenutzungsgebührenordnung als Schätzungsgrundlage gem. § 287

ZPO für die regional üblichen Abschleppkosten

1.Abschleppkosten i.H.v. 250,-- € sind zu hoch und damit unangemes-
sen, da sie dem Wirtschaftlichkeitsgebot zuwider laufen. 2.Die Po-
lizeibenutzungsgebührenordnung kann zur Schätzung der Abschleppkos-
ten herangezogen werden. (Aus den Gründen: ...Das hiesige Gericht
zieht als Massstab für die Schätzung der dafür entstehenden Kosten
gem. § 287 ZPO neben der Kostentabelle der Streithelferin, die für
die blosse Vorbereitung des Abschleppens einen Betrag von 125,-- €
vorsieht die Regelung unter Ziffer 4.1 der Berliner Polizeibenut-
zungsgebührenordnung heran, nach der für das Durchführen einer Um-
setzung eines Pkw gem. §§ 13 und 14 ASOG je Einsatzfall eine Betrag
von 121,94 € zu zahlen ist. Dieser Betrag ist jedenfalls offenkun-
dig ausreichend, um das Land Berlin bei der Durchführung einer der-
artigen Umsetzung schadlos zu halten. Dieser Betrag entspricht so-
mit der Vorgehensweise eines wirtschaftlich Denkenden. Diese Schät-
zung entspricht der Vorgabe der BGH...).

AG MÜNCHEN vom 13.08.2014,

345 C 5551/14

Keine Verwertbarkeit einer Dashcam-Aufzeichnung als Beweismittel im

Zivilprozess

Da die dauerhafte Verwendung von sog. Dashcams gegen § 6 b I Nr.3
BDSG, § 22 S.1 KunstUrhG und das Grundrecht auf informationelle
Selbstbestimmung nach Art. 2 I, 1 I GG verstösst, dürfen die Auf-
nahmen der Dashcams nicht als Beweismittel in den Zivilprozess ein-
geführt werden. (Aus den Gründen: ...Zwar ist der Zweck der Autoka-
mera, die Sicherung von Beweismitteln im Falle möglicher Verkehrs-
unfälle, hinreichend konkret, es überwiegen allerdings die schutz-
würdigen Interessen des Betroffenen an der Wahrung seines Allgemei-
nen Persönlichkeitsrechts. Die Zulassung solcher Videos als Beweis-
mittel durch die Zivilgerichte würde zweifellos zu einer weiten
Verbreitung oder sogar standardmässigen Ausstattung mit Carcams
führen. Was mit den so gefertigten Aufzeichnungen geschieht und wem
diese zum Beispiel über eine Cloud zugänglich gemacht werden, wäre
jeglicher Kontrolle insbesondere durch die aufgezeichneten Personen
entzogen...).

BGH vom 27.08.2014,

4 STR 259/14

Rechtfertigung einer Verkehrsunfallflucht bei Verlassen des Unfall-

orts wegen eigener Verletzung

Bleibt ein Unfallverursacher nicht an der Unfallstelle, kann sein
Entfernen durch eine stark blutende, eigene Handverletzung gerecht-
fertigt sein, wenn der Unfallverursacher sich in ärztliche Behand-
lung begibt, um die Wunde zuerst versorgen zu lassen und sich dann
bei der Polizei meldet. (Aus den Gründen: ...Die Verurteilung wegen
unerlaubten Entfernens vom Unfallort hält der Nachprüfung nicht
stand. Er bestieg das Fahrzeug und liess sich zur Universitätsklinik
nach M. fahren. Nachdem dort die Blutung gestillt worden war, rief
der Angeklagte 40 Minuten nach dem Unfallgeschehen bei der Polizei
an, um sich als Fahrer und Unfallverursacher zu erkennen zu geben.
Wenn der Angekl. noch vor Verlassen der Unfallstelle seine eigene
Verletzung bemerkt hatte und die Unfallstelle zumindest auch des-
halb verliess, um seine massiv blutende Wunde versorgen zu lassen,
könnte sein Entfernen vom Unfallort gerechtfertigt gewesen sein.
Hiermit hat sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt...).

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KG vom 8.10.2014,

3 WS B 488/14-162 SS 135/14

Kein Absehen von der Verhängung eines Regelfahrverbots bei berufli-

cher Tätigkeit im Aussendienst und Umstand der Alleinerziehung

1.Das Verhängen eines Regelfahrverbotes schränkt grundsätzlich die
Mobilität des Betroffenen ein und bedingt berufliche oder wirt-
schaftliche Nachteile. Diese häufigsten Folgen eines Regelfahrver-
botes sind hinzunehmen. Daher reichen allein die Hinweise der Be-
troffenen auf ihre bundesweite Tätigkeit im Aussendienst sowie auf
ihre private Situation als alleinerziehende Mutter ohne familiäre
Unterstützung nicht aus, um von einem Regelfahrverbot abzusehen.
2.Der Tatrichter muss bereits aus Gründen der Gleichbehandlung und
der Rechtssicherheit erkennen lassen, dass er sich mit den Angaben
der Betroffenen zur Auswirkung eines Regelfahrverbotes kritisch
auseinandergesetzt hat. (Aus den Gründen: ...Überdies sind die
Feststellungen zur Begründung des Absehens von der Verhängung eines
Fahrverbots auch in sich widersprüchlich. Die Reisen der Betroffe-
nen lassen es ausgeschlossen erscheinen, dass die Betroffene auch
an diesen Tagen ihren Sohn selbst zur Schule bringt und abholt...).

 

VG FRANKFURT AN DER ODER vom 16.12.2014,

VG 2 L 703/14

Anordnung einer rechtmäßigen Fahrerlaubnisentziehung nach dem neuen

StVG

Dem Fahrer darf die Fahrerlaubnis nur dann entzogen werden, wenn er
nach dem neuen Punktesystem 8 Punkte erreicht hat. Wird der Fahrer
bei Erreichen der 8 Punkte nicht sofort von der zuständigen Behörde
verwarnt, reduziert sich sein Punktestand auf 7 Punkte und die
Fahrerlaubnis kann somit nicht mehr entzogen werden. (Aus den Grün-
den: ...Die Voraussetzungen einer Entziehung der Fahrerlaubnis lie-
gen nicht vor. Der Antragsteller hatte zu diesem Zeitpunkt allerdings

 noch nicht den hierfür erforderlichen Punktestand von 8 Punkten erreicht,

weshalb ihm die Fahrerlaubnis nicht nach § 4 V S.1 Nr.3 StVG n.F. entzogen

werden konnte. Dies ergibt sich aus der Regelung des § 4 VI StVG n.F. Für den Antragsteller hatten sich bereits am 10.06.2014 - dem Datum der Begehung des Verkehrsverstosses Nr.13 - 8 Punkte "ergeben". Da die Verwarnung erst

am 21.06.2014 erfolgte, hat sich der Punktestand des Antragstellers auf

7 Punkte reduziert. Eine Entziehung kam nicht in Betracht...).

VG GELSENKIRCHEN vom 13.10.2014, 7 L 1410/14
Sofortige Entziehung der Fahrerlaubnis bei THC-Wert von 1,5 ng/ml
 
Die Fahrerlaubnisbehörde kann die sofortige Entziehung einer Fahrerlaubnis anordnen, wenn der Betroffene nach erfolgtem Cannabiskonsum ein Fahrzeug mit einem Wert von 1,5 ng/ml im Verkehr führt und auch keine Gründe ersichtlich sind, die gegen eine sofortige Entziehung sprechen. (Aus den Gründen: ...Ein eventuelles Beweisver-
wertungsverbot wegen Verstosses gegen den Richtervorbehalt nach § 81 a StPO im Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren, auf das
sich der Antragsteller im Verwaltungs- und Antragsverfahren berufen hatte, führt aufgrund der unterschiedlichen Schutz- richtungen der jeweiligen Verfahrens- ordnungen nicht zur Unverwertbarkeit im fahr-
erlaubnisrechtlichen Verfahren. Die mit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis verbundenen persönlichen und beruflichen Schwierigkeiten
für den Antragsteller sind vergleichsweise gering. Ihnen steht das öffentliche Interesse am Schutz von Leib, Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer gegenüber, das eindeutig überwiegt...).
AG LÜDINGHAUSEN vom 13.10.2014, 19 OWI-89 JS 1350/14-125/14
Absehen von Fahrverbot bei fehlender Konnexität zwischen Anlasstat und beruflich genutzter Fahrerlaubnis
Von einer Fahrverbotsanordnung können Fahrzeuge der Fahrerlaubnisklassen D1, D, D1E, DE ausgenommen werden, wenn der Betroffene (Betr.) als Busfahrer die Anlasstat mit einem Privat-Pkw begangen hat. (Aus den Gründen: ...Im Bussgeldkatalog ist ein Regelfahrverbot von einem Monat und eine Gelbusse von 500 € vorgesehen. Dem Gericht erscheint es erzieherisch ausreichend, das Fahrverbot so zu beschränken, dass die beruflich genutzten Busfahrten von dem Fahrverbot aus-
genommen sind. Es hat dementsprechend die im Tenor genannten Fahrerlaubnis-Klassen D1, D, D1E und DE von dem Fahrverbot ausgenommen. Dies war möglich, weil die in Rede stehende Fahrt mit einem privaten Fahrzeug stattfand und nicht mit einem Bus. Es war jedoch auch zu berücksichtigen, dass der Anlass der Alkoholisierung in jedenfalls mittelbarem Zusammen- hang mit der Arbeitstätigkeit des Betr. stand, so dass sich das Gericht gehindert sah, ohne gleichzeitige Erhöhung der Geldbusse eine Fahrverbotsbeschränkung vorzunehmen...).
OLG HAMM vom 29.08.2014, 9 U 78/13
Verkehrssicherungspflicht eines Radweges bei 5 cm hoher Belagkante
- Haftungsquote von 50% bei Sturz eines zu schnellen Radfahrers
1.Das Vorhandensein einer 5 cm hohen, in Fahrtrichtung 45 Grad
schräg verlaufenden Asphaltkante auf einem für den Radverkehr frei-
gegebenen unbeleuchteten Uferweg stellt eine abhilfebedürftige Ge-
fahrenstelle dar. 2.Die Nichtbeachtung des Sichtfahrgebots durch den
Radfahrer rechtfertigt in einem solchen Fall einen Eigenverschul-
dens-/Mitverschuldensanteil von 50%. (Aus den Gründen: ...Der Zu-
stand der Wegeoberfläche verlangt von dem Radfahrer an dieser Stelle
ein besonderes Mass an Aufmerksamkeit. Dieses einzuhalten wird ihm
bei Dunkelheit dadurch erschwert, dass der Weg nicht beleuchtet ist.
Dass auch der Radfahrer nach § 3 I S.2 StVO seine Fahrgeschwindig-
keit den Sichtverhältnissen anpassen muss, und bei Dunkelheit nur so
schnell fahren darf, dass er die vor ihm liegende Strecke übersehen
kann, entlastet den Beklagten nicht. Der Bekl. hätte daher die Ge-
fahrenstelle beseitigen, zumindest aber in ausreichendem Abstand vor
der Gefahrenstelle auf diese hinweisen müssen...).
OLG BREMEN vom 18.06.2014, 1 SS BS 51/13
I.d.R. kein Zweifel an objektiver Sorgfaltspflichtverletzung bei
Erreichen des analytischen Grenzwertes von THC nach Fahrtende
1.Ein Konsument von Cannabis darf sich als Kraftfahrer erst in den
Strassenverkehr begeben, wenn er sicherstellen kann, den analyti-
schen Grenzwert von 1,0 ng/ml THC im Blutserum nicht mehr zu errei-
chen. Das erfordert ein ausreichendes - ggf. mehrtägiges - Warten
zwischen letztem Cannabiskonsum und Fahrtantritt. 2.Im Regelfall
besteht für den Tatrichter kein Anlass an der objektiven Sorgfalts-
pflichtverletzung und dem subjektiven Sorgfaltsverstoss zu zwei-
feln, wenn der analytische Grenzwert nach Beendigung der Fahrt er-
reicht ist. (Aus den Gründen: ...Der Umstand, dass der zulässige
Grenzwert von THC im Blutserum nur geringfügig überschritten ist,
ändert an der Voraussehbarkeit einer zum Tatzeitpunkt objektiv noch
andauernden Wirkung durch das Rauschmittel nichts. Systematische
Erwägungen sprechen nicht dagegen, im Regelfall davon auszugehen,
dass der Betroffene das Kfz unter der Wirkung von THC fahrlässig
geführt hat...).
  BVERWG vom 23.10.2014, 3 C 3/13
Gerechtfertigter Entzug der Fahrerlaubnis bei einem THC-Wert von
1,3 ng/ml
Von einer ausreichenden Trennung von Cannabiskonsum und Fahren im
Sinne der FeV kann nur ausgegangen werden, wenn ein gelegentlicher
Konsument von Cannabis seinen Konsum und das Fahren in jedem Fall
so trennt, dass eine cannabisbedingte Beeinträchtigung seiner Fahr-
tüchtigkeit unter keinen Umständen eintreten kann. Davon konnte
beim Kläger nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Be-
rufungsgerichts aufgrund des bei ihm festgestellten THC-Pegels - im
vorliegenden Fall 1,3 ng/ml THC - nicht ausgegangen werden. (Aus
den Gründen: ...Bei ihm wurde nach einer Verkehrskontrolle wegen
des Verdachts, dass er unter der Wirkung von Cannabis gefahren sei,
eine Blutprobe entnommen. Es hat die Rechtsauffassung des Beru-
fungsgerichts bestätigt, dass bei einem gelegentlichen Cannabiskon-
sumenten der Konsum und das Fahren nur dann in der gebotenen Weise
zeitlich getrennt werden, wenn eine Beeinträchtigung der Fahrtüch-
tigkeit nicht eintreten kann...).
  OLG BAMBERG vom 18.03.2014, 3 SS OWI 274/14
Ermessen des Tatrichters beim Regelfahrverbot
 
Die von den Gerichten im Interesse der Gleichbehandlung der Ver-
kehrsteilnehmer und der Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit der
durch bestimmte Verkehrsverstösse ausgelösten Rechtsfolgen zu beach-
tende Vorbewertung des Verordnungsgebers in § 4 I BKatV gilt auch
für die Dauer des aufgrund einer groben Verletzung der Pflichten ei-
nes Kraftfahrzeugsführers i.S.v. § 25 I S.1 StVG verwirkten Regel-
fahrverbots. (Aus den Gründen: ...Von der Verhängung eines Regel-
fahrverbots kann nur dann abgesehen werden, wenn wesentliche Beson
derheiten in der Tat oder in der Persönlichkeit des Betroffenen an-
zunehmen sind und deshalb der vom Bussgeldkatalog erfasste Normal-
fall nicht vorliegt. Der Tatrichter ist gehalten, vor einer Verkür-
zung der im Bussgeldkatalog vorgesehenen Regeldauer des Fahrverbots
zu prüfen, ob der jeweilige Einzelfall Besonderheiten aufweist, die
die Abkürzung rechtfertigen können und daneben eine angemessene Er
höhung der Regelbusse als ausreichend erscheinen lassen...).
LG ARNSBERG vom 11.09.2014, 6 QS 81/14
Räumlicher Zusammenhang bei der Unfallflucht
 
Für ein tatbestandsmässiges Entfernen genügt beim unerlaubten Ent-
fernen vom Unfallort eine Absetzbewegung derart, dass der räumliche
Zusammenhang zwischen dem Beteiligten und dem Unfallort aufgehoben
und seine Verbindung mit dem Unfall nicht mehr ohne Weiteres erkenn-
bar ist. Davon ist bei einer Entfernung von ca. 400-500 m nach der
eigentlichen Unfallstelle auszugehen.
  OLG HAMM vom 6.02.2014, I-6 U 80/13
Keine Haftung eines Vereins gegenüber seinen Mitgliedern bei Teil-
nahme an einer Fahrradtour und Vorkehrungen zur Srassenüberquerung
1.Veranstaltet ein Verein für Vereinsmitglieder eine Fahrradtour,
können sich daraus Sicherungspflichten der Organisatoren für die
Teilnehmer ergeben, bei deren Verletzung eine Haftung des Vereins
nach §§ 280, 278 BGB oder §§ 823, 31, 831 BGB in Betracht kommt.
2.Eine schuldhafte Verletzung von Sicherungspflichten liegt nicht
vor, wenn die Organisatoren durch Aufstellen von Warnposten ein ge-
fahrloses Überqueren übergeordneter Straßen durch die Gruppe ge-
währleisten, eine vergleichbare Sicherung von einzeln fahrenden
Nachzüglern aber nicht erneut vornehmen. Für einzeln fahrende Nach-
zügler ist insoweit kein Vertrauen darauf gerechtfertigt, dass die
im Hinblick auf das gruppenbedingt atypische Verhalten der ge-
schlossenen Radfahrergruppe ergriffenen Vorkehrungen auch für sie
aufrechterhalten oder erneut veranlasst werden. (Aus den Gründen:
...Um eine ungewöhnlich gefährliche Stelle handelte es sich
nicht...). (s.a. gl. Entsch. u.a. Az. = Dok.Nr. 104031).
  LG BERLIN vom 9.05.2014, 22 O 8/14
Zulässigkeit einer Verjährungsverkürzung auf ein Jahr in einer
Klausel bei Verkauf eines Gebrauchtwagens von Händler an Verbraucher
Verkauft ein Kfz-Händler ein Gebrauchtfahrzeug an einen Verbraucher
und verkürzt er seine Haftung für Sachmängel in einer Kaufvertrags-
klausel auf ein Jahr, hält dies einer Inhaltskontrolle statt und es
liegt auch kein Verstoss gegen ein Klauselverbot vor. (Aus den
Gründen: ...Die Reduzierung der Verjährungsdauer auf ein Jahr ist
nicht mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von
der hierdurch abgewichen wird, unvereinbar. Vielmehr hält sie sich
innerhalb des Rahmens, den der Gesetzgeber in § 475 II BGB aus-
drücklich auch für sogenannte Verbraucherverträge gezogen hat. Eine
Reduzierung der Verjährungsfrist auf ein Jahr ist beim Kauf ge-
brauchter Sachen zulässig. § 475 II BGB ist eine vom Gesetzgeber
gewollte Ausnahme zu § 438 I Nr.3 BGB. Durch die Vereinbarung in
den AGB werden auch nicht Rechte und Pflichten derart einge-
schränkt, dass i.S.d. § 307 II Nr.2 BGB die Erreichung des Ver-
tragszwecks gefährdet ist...).
AG HAMBURG-ST.GEORG vom 9.07.2013, 912 C 42/13
Unzumutbarkeit der Verweisung eines Geschädigten an eine mit dem re-
gulierenden Versicherer Vertragsbeziehungen unterhaltende Werkstatt
1.Einem Geschädigten ist die Verweisung an eine günstigere "freie
Werkstatt" dann unzumutbar, wenn diese nur dann ein preiswerteres
Reparaturangebot abgibt, weil sie vertragliche Beziehungen zur Kfz-
Haftpflichtversicherung des Schädigers unterhält. 2.Zweifelt die
regulierende Versicherung den Schaden an, sind die Kosten einer
weiteren Untersuchung durch den Gutachter notwendige Kosten. 3.Ei-
ne Kostenpauschale i.H.v. 25,-- € ist angemessen. (Aus den Gründen:
...Der Kläger hat unter Anbietung von Zeugenbeweis vorgetragen,
dass ihm von der Firma selbst bestätigt worden sei, dass zwischen
der Firma und der Beklagten Sonderkonditionen vereinbart worden
seien. Das Gericht wertet diesen Vortrag als von der Bekl. zuge-
standen. Will sich der Geschädigte zur eigenen Absicherung beschei-
nigen lassen, dass die Reparatur fachgerecht durchgeführt worden
sei, so handelt es sich um eine eigene Vorsorgeaufwendung, für die
der Kl. selbst aufkommen muss...).
OLG KARLSRUHE vom 29.07.2014, 1 3 SSRS 569/11-AK 145/11
Smear-Effekt als verlässliche Grundlage für ordnungsgemässe Messung
der Geschwindigkeit beim Poliscan-Speed-Messverfahren
Eine verlässliche Messung der Geschwindigkeit kann im Rahmen des
Poliscan-Speed-Messverfahrens auch einzig auf den sog. Smear-Effekt
- Lichtspuren in Form von hellen Streifen auf dem Foto bei digitalen
Kameras - gestützt werden. (Aus den Gründen: ...Der Senat neigt
zur Ansicht, dass bei der Anwendung des PoliScan-Speed-Messverfah-
rens eine verlässliche Geschwindigkeitsmessung auch allein auf den
sog. Smear-Effekt gestützt werden kann. Voraussetzung einer solchen
verlässlichen und verwertbaren Berechnung der Geschwindigkeit, auch
im Hinblick auf die konkret zugrunde liegenden Toleranzen, ist je-
doch eine in jedem Einzelfall durchzuführende sachverständige Über-
prüfung des Messvorgangs, in welcher, wie oben dargelegt, unter an-
derem die konkrete Zeilenauslesezeit, die Aufstellhöhe der Kamera
und der Aufstellwinkel der Kamera sowohl bezogen auf die Fahrbahn-
oberfläche als auch auf das fotografierte Objekt konkret ermittelt
und einbezogen werden müssen...).
AG LANGEN (HESSEN) vom 23.01.2014, 31 CS-1400 JS 29594/13
Absehen von Fahrerlaubnisentziehung bei Verkehrsdelikten aufgrund
schwerer emotionaler Lage und keinen vorherigen Auffälligkeiten
Trotz der Verurteilung eines Angeklagten aufgrund einer fahrlässi-
gen Gefährdung des Strassenverkehrs sowie einem unerlaubten Entfer-
nen vom Unfallort in Tateinheit mit Trunkenheit im Verkehr kann von
der Entziehung der Fahrerlaubnis des Angeklagten abgesehen werden,
wenn dieser bisher stets ordnungsgemäss am Strassenverkehr teilge-
nommen hat und ihn ein schwieriger emotionaler Zustand (hier: bal-
diger Tod der langjährigen Lebensgefährtin) zu den Taten getrieben
hat. (Aus den Gründen: ...Der Angeklagte nahm langjährig am Stras-
senverkehr unbeanstandet teil. An dem Tattag war er in einer
schwierigen emotionalen Lage. Er erfuhr, dass seine langjährige
Lebensgefährtin, mit der er zusammen wohnte und die unter schwer-
wiegenden Speiseröhrenkrebs litt, keine lange Lebenserwartung mehr
haben würde. Die Tat erfolgte unter diesem einmaligen Eindruck, und
er war in dieser Situation nicht in der Lage, klare Gedanken zu fas-
sen und beschreibt seinen Zustand selbst als durcheinander...).
OLG FRANKFURT AM MAIN vom 31.10.2013, 15 U 127/13
Schadensminderungsobliegenheiten bei längerem Nutzungsausfall
 
1.Zu den Schadensminderungspflichten des Geschädigten zählt, den
Schädiger darüber zu informieren, wenn eine aussergewöhnlich lange
Reparatur und damit ein sehr hoher Schaden hinsichtlich des Aus-
falls der Nutzung eines Fahrzeugs droht. 2.Privatpersonen können
grundsätzlich keine Vorhaltekosten geltend machen. 3.Die Zeit, die
ein Geschädigter zur Regulierung eines Schadens benötigt, kann
grundsätzlich nicht als Vermögensschaden geltend gemacht werden.
(Aus den Gründen: ...In diesem Zusammenhang gilt es zu berücksich-
tigen, dass der Nutzungsausfall nicht notwendiger Teil des an einem
Kfz in Natur eingetretenen Schaden ist. Dabei gilt, dass der Ge-
schädigte im Rahmen seiner Schadensminderungsobliegenheit gehalten
ist, den Schädiger auf die Gefahr eines drohenden höheren Schadens
hinzuweisen. Dieser Zeitaufwand gehört zur eigenen Sphäre des Ge-
schädigten. Er wird vom Schutzzweck der Haftungsnormen nicht er-
fasst...).
OLG SAARBRÜCKEN vom 18.07.2013, 4 U 93/12-27
Weiternutzung eines Fahrzeugs für sechs Monate als Voraussetzung
für eine fiktive Abrechnung der Reparaturkosten
Ein Fahrzeug muss mindestens sechs Monate weiter genutzt werden und
verkehrssicher repariert werden, wenn die Reparaturkosten nach ei-
nem Unfall fiktiv geltend gemacht werden. (Aus den Gründen: ...Un-
streitig ist das Kfz ausweislich der auf den 23.05.2011 datierten
Reparaturbescheinigung des Sachverständigen entsprechend den Vorga-
ben des Sachverständigen in seinem Gutachten repariert worden. Der
Kläger macht gleichwohl nicht die konkreten Kosten dieser Reparatur
geltend, sondern nach wie vor den fiktiven Reparaturaufwand auf
Grund der Ermittlungen des Sachverständigen. Daher kommt es für die
Erstattung über die durchgeführte Reparatur hinaus entscheidend da-
rauf an, ob der Kl. das Kfz nach dem Unfall mindestens sechs Monate
lang weitergenutzt hat. Hiervon kann indes nicht ausgegangen wer-
den. Unstreitig hat der Kl. das Kfz bereits am 23.11.2010 abgemel-
det und die Prozessbevollmächtigte des Kl. hat in der mündlichen
Verhandlung eingeräumt, dass das Kfz noch immer abgemeldet ist...).
OLG OLDENBURG vom 13.01.2014, 2 SSBS 364/13
Absehen von einem Fahrverbot bei fehlender Einhaltung des Mindest-
abstandes zwischen Geschwindigkeitsbeschränkung und "Blitzer"
Bei Nichteinhaltung der Abstandsvorschrift zwischen geschwindig-
keitsbeschränkter Anordnung und Geschwindigkeitsmessanlage kann der
Schuldgehalt einer Tat geringer bewertet werden mit der Folge, dass
allein die Verwirklichung des Tatbestandes noch keine grobe Verlet-
zung der Pflichten eines Kraftfahrers darstellt und im Einzelfall
daher von einem Regelfahrverbot Abstand genommen werden kann. (Aus
den Gründen: ...Ein Kraftfahrer hat seine Geschwindigkeit grds. so
einzurichten, dass er bereits beim Passieren eines die Geschwindig-
keit regelnden Verkehrszeichens die vorgeschriebene Geschwindigkeit
einhalten kann. Allerdings trägt die Rechtsprechung möglichen Un-
wägbarkeiten bei der Einfahrt in eine Zone mit veränderter Ge-
schwindigkeitsregelung bei der Frage des Ausmasses des Verschuldens
grds. Rechnung, indem sie dem Kraftfahrer zubilligt, dass er mit ge-
wissen Abständen zwischen Geschwindigkeits regelnden Verkehrszeichen
und Messstrecke rechnen kann...).
  VG WÜRZBURG vom 2.12.2013, W 6 S 13/1151
Alkoholbedingter Fahrerlaubnisentzug auch ohne Alkoholisierung im
Strassenverkehr
1.Auch ein missbräuchlicher Alkoholkonsum ausserhalb des Strassen-
verkehrs führt zur Entziehung der Fahrerlaubnis, wenn zu erwarten
ist, dass der Betreffende künftig nicht zwischen Alkoholkonsum und
Teilnahme am Strassenverkehr trennen kann. 2.Unter diesen Vorausset-
zungen kann auch das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge, z.B.
Fahrräder, untersagt werden, wenn keine Beschränkungen oder Aufla-
gen in Betracht kommen. (Aus den Gründen: ...Das Gutachten kommt
nachvollziehbar dazu, dass dem Antragsteller gerade aufgrund sei-
nes Alkoholkonsums und seiner Trinkgewohnheiten das Bewusstsein
fehlt, dass der Alkoholmissbrauch zu einer Abstumpfung gegen die
Giftwirkung des Alkohols und deren Folgen für die Verhaltenssteue-
rung gelangt. Die beim Antragsteller zweifach festgestellte Blutal-
koholkonzentration von mindestens 1,6 Promille belegt, dass er über
deutlich normabweichende Trinkgewohnheiten und eine ungewöhnliche
Giftfestigkeit verfügt...).

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AG LÜDINGHAUSEN vom 17.02.2014, 19 OWI-89 JS 86/14-14/14
"Handyverstoss" bei Weglegen eines Mobiltelefons von einer Ablage
vor einer Windschutzscheibe während der Fahrt
Ein Verstoss gegen § 23 I a StVO liegt auch vor, wenn der Betroffe-
ne (Betr.) ein auf der Ablage vor seiner Windschutzscheibe liegen-
des Handy, welches aufblendet und hierdurch anzeigt, dass der Akku
aufgeladen werden muss, wegen der Blendung beim Fahren in die Hand
nimmt, darauf schaut und es dann zur Seite legt, um eine weitere
Blendung zu vermeiden. (Aus den Gründen: ...Zwar ist der Betr.
durch die Aussage des am Tatort eingesetzten Polizeibeamten über-
führt worden, sein Handy in der rechten Hand gehalten und mit dem
Daumen auf dem Handy herumgetippt zu haben, was unzweifelhaft ein
verbotswidriges Benutzen eines Mobiltelefons und somit einen Ver-
stoss gegen das Verbot des § 23 I a StVO darstellt. Er wäre jedoch
auch nach seiner eigenen Einlassung wegen Verstosses gegen diese
Vorschrift zu verurteilen gewesen, da er geltend gemacht hat, er
habe das Handy auf der Ablage vor seiner Windschutzscheibe liegen
gehabt...).
  OVG MÜNSTER vom 14.11.2013, 16 B 1146/13
Erforderlichkeit des Hinzutretens tatsächlicher Umstände für Anord-
nung einer MPU bei Alkoholauffälligkeit nicht im Strassenverkehr
Nicht (unmittelbar) strassenverkehrsbezogene Alkoholauffälligkeiten
begründen einen die Anordnung eines medizinisch - psychologischen
Gutachtens erfordernden Verdacht auf Alkoholmissbrauch, wenn weitere
tatsächliche Umstände hinzukommen, die in der Gesamtschau mit einer
vermuteten Alkoholproblematik bei realistischer Betrachtung die An-
nahme rechtfertigen, dass das Führen von Fahrzeugen und ein die
Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend
sicher getrennt werden können. (Aus den Gründen: ...Allerdings
reicht allein die Feststellung, dass bei einem Fahrerlaubnisinhaber
in der Vergangenheit eine Alkoholkonzentration festgestellt wurde,
die auf ein deutlich normabweichendes Trinkverhalten und eine weit
überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung schliessen lässt, nicht aus,
um den Verdacht zu begründen, dass der Betroffene zukünftig ein Kfz
führen könnte, obwohl er hierzu aufgrund alkoholbedingter Beein-
trächtigungen nicht mehr uneingeschränkt in der Lage ist...).
AG LÜDINGHAUSEN vom 17.02.2014, 19 OWI-89 JS 155/14-21/14
Beschränkung des Fahrverbots auf einzelne Fahrzeugarten - Kein Fall
des Absehens vom Regelfahrverbot
1.Ein starker Stuhldrang als Ursache einer Geschwindigkeitsüber-
schreitung führt nicht zum Absehen vom Regelfahrverbot aus dem Ge-
sichtspunkt einer sog. "notstandsähnlichen Situation", wenn der Be-
troffene sich dahin eingelassen hat, er habe bereits vor Erreichen
der Geschwindigkeitsbegrenzungszone Probleme in seinem Darm wahrge-
nommen, unter denen er bereits seit geraumer Zeit leide. 2.Ein ein-
monatiges Regelfahrverbot kann auf "alle Fahrzeugarten mit Ausnahme
von Kfz der Fahrerlaubnisklassen C und CE" beschränkt werden. 3.Eine
Beschränkung eines Fahrverbots auf einzelne Fahrzeugarten stellt
keinen Fall des Absehens von einem Regelfahrverbot i.S.d. § 4 IV
BKatV dar. Insb. enthält die Bussgeldkatalog-Verordnung keine Vor-
schrift, aus der sich ergibt, dass stets ein alle Fahrzeugarten
betreffendes Fahrverbot als Regel festzusetzen wäre - vielmehr ist
auf den Erziehungszweck des Fahrverbots abzustellen und der Umfang
im Hinblick auf die betroffenen Fahrzeugarten hieran auszurichten.
OVG LÜNEBURG vom 30.01.2014, 12 ME 243/13
Widerlegung der Haltervermutung bei fehlender Identität von Fahr-
zeughalter und Zulassungsinhaber
1.Der Halterbegriff ist im Strassenverkehr - wie im § 7 StVG und §
31 a StVZO - einheitlich zu bestimmen. 2.In der Regel ist der Zu-
lassungsinhaber und Versicherungsnehmer (VN) eines Fahrzeuges auch
dessen Halter. Die sich aus den genannten Indizien ergebende Vermu-
tung kann jedoch - wie im vorliegenden Fall geschehen - widerlegt
werden. (Aus den Gründen: ...Der Antragsteller hat bereits im Ver-
waltungsverfahren geltend gemacht, die tatsächliche Verfügungsge-
walt über das Fahrzeug habe ausschliesslich seine Tochter, die auch
die Kosten für Benzin, Steuern und Versicherung trage. Mithin sei
sie und nicht er Halter des Fahrzeugs. Der Antragsgegner hätte die-
sen Vortrag zum Anlass nehmen können bzw. müssen. Insb. hätte es
nahegelegen, um Glaubhaftmachung dieser Behauptung etwa durch Bele-
ge o. ä. zu bitten und, falls sie sich dann als korrekt herausge-
stellt hätte, die Fahrtenbuchauflage sogleich gegen die Tochter des
Antragstellers zu richten...).
OVG MÜNSTER vom 21.11.2013, 16 B 1288/13
Tattagprinzip für den Punktestand im VZR - Keine Bedeutung von Til-
gungen bis zum Erlass einer Entziehungsverfügung
1.Bei der Ermittlung des Punktestandes im VZR ist der Tattag einer
Ordnungswidrigkeit entscheidend. Die Tilgung einer früheren Tat im
Zeitraum zwischen der neuen Tat und deren rechtskräftiger Ahndung
ist unerheblich. 2.Für die Entziehung einer Fahrerlaubnis genügt,
wenn der Betroffene in dem vorangegangenen Zeitraum 18 Punkte oder
mehr im VZR vorliegen hatte. Der Punktestand bei Erlass der Entzie-
hung und mittlerweile erfolgte Tilgungen sind irrelevant. (Aus den
Gründen: ...Die Gefahr besteht, dass betroffene Fahrerlaubnisinha-
ber Rechtsmittel aus rein taktischen Überlegungen einlegen, um die
Rechtskraft der die Tat ahndenden Entscheidung hinauszuzögern und
in den Genuss der Tilgungsreife zu kommen.) ...
OVG MÜNSTER vom 22.10.2013, 16 B 1124/13
Zulässigkeit einer Fahrerlaubnisentziehung wegen fehlender Kraft-
fahreignung nach Drogenkonsum und Strassenverkehrsteilnahme
Eine Fahrerlaubnisentziehung ist gerechtfertigt, wenn feststeht,
dass der Betroffene (Betr.) nach einem Konsum von Amphetamin und
Cannabis ein Fahrzeug im Strassenverkehr geführt hat, weil er auf-
grund dessen kraftfahrungeeignet ist. An dieser Beurteilung ändert
sich nichts, wenn der Betr. angibt, dass er keine Erinnerung mehr an
den Konsum habe. (Aus den Gründen: ...Hinreichende Anhaltspunkte da-
für, dass der Antragsteller seine zuvor verlorene Kraftfahreignung
zu dem für die gerichtliche Prüfung der Rechtmässigkeit der ange-
fochtenen Ordnungsverfügung masgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses
bereits widererlangt hatte, sind nicht ersichtlich. Das mit der Be-
schwerde vorgelegte Urinscreening ist erst nach Ergehen der Entzie-
hungsverfügung durchgeführt worden und wäre im Übrigen für sich al-
lein zum Beleg einer längerfristigen Drogenfreiheit ohnehin nicht
geeignet. Abgesehen davon begegnet seine Verwertbarkeit erheblichen
Bedenken...).
  BVERWG vom 20.06.2013, 3 B 10/12
Zulässigkeit einer MPU-Anordnung nach Führen eines Fahrrades mit
einer BAK von 1,6%o im Strassenverkehr
Das Fahrradfahren im Strassenverkehr mit einer BAK von 1,6%o oder
mehr rechtfertigt nach § 3 II i.V.m. § 13 S.1 Nr.2 c FeV die Anord-
nung, ein medizinisch - psychologisches Gutachten über die Eignung
zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge beizubringen. (Aus den
Gründen: ...§ 13 S.1 Nr.2 c FeV differenziert nicht nach Fahrzeug-
arten, so dass sie nicht das Führen eines Kfz voraussetzt. Demge-
mäss gilt die Bestimmung auf Grund der Verweisung in § 3 II FeV
auch für Fahrradfahrer, ohne das sie eine Fahrerlaubnis beantragt
haben oder Inhaber einer solchen Erlaubnis sein müssen. Dies gebie-
tet auch Sinn und Zweck der Norm. Da eine festgestellte BAK von
1,6%o oder mehr den Verdacht eines die Fahreignung ausschliessenden
Alkoholmissbrauchs begründet, muss daher schon aus Gründen der Ge-
fahrenabwehr den Eignungszweifeln nachgegangen werden, und unabhän-
gig davon, ob der Fahrzeugführer Inhaber einer Erlaubnis zum Führen
von Kfz ist oder eine solche Erlaubnis anstrebt...).
OLG CELLE vom 28.10.2013, 322 SSRS 280/13
Möglichkeit des Übersehens von Verkehrszeichen nur bei Vorliegen von
Indizien - Vorsatz bei erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitungen
1.Es kann davon ausgegangen werden, dass ordnungsgemäss aufgestell-
te Vorschriftszeichen von Verkehrsteilnehmern in aller Regel wahr-
genommen werden. Daher braucht die Möglichkeit, dass der Betroffene
das Vorschriftszeichen übersehen hat, nur in Rechnung gestellt zu
werden, wenn sich hierfür Anhaltspunkte ergeben. 2.Bei erheblichen
Geschwindigkeitsüberschreitungen kann in der Regel von vorsätzli-
cher Begehungsweise ausgegangen werden, wobei dies nach der Recht-
sprechung ab Überschreitungen von ca. 40% angenommen wird. Bei
niedrigeren Überschreitungen müssen weitere Indizien herangezogen
werden, wie etwa das Vorliegen von mehreren Geschwindigkeitsüber-
schreitungen in engem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang. (Aus
den Gründen: ...Der Betroffene hat sich nicht darauf berufen, die
Begrenzung übersehen zu haben, sondern die Ordnungsmässigkeit der
Messung angezweifelt. Die Feststellungen tragen mithin nur eine
Verurteilung wegen fahrlässiger Begehungsweise...).
  OLG BRANDENBURG vom 20.08.2013, 2 U 34/12
Anscheinsbeweis der Ursächlichkeit von Rollsplitt für Sturz mit
Motorrad - Entkräftung des Anscheinsbeweises
1.Stürzt ein Motorradfahrer bei Rollsplitt auf der Strasse und wur-
den keine Hinweisschilder angebracht, dass sich Rollsplitt auf der
Strasse befindet, spricht zunächst ein Anscheinsbeweis dafür, dass
sich der Sturz aufgrund des Rollsplitts ereignet hat. 2.Treten aber
weitere mögliche Ursachen für den Unfall hinzu, aufgrund derer sich
der Unfall ebenfalls hätte ereignen können, wie etwa eine den Stras-
senverhältnissen nicht angemessene Fahrweise oder eine verspätete
Bremsung, so ist der Anscheinsbeweis entkräftet. (Aus den Gründen:
...Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass die Klägerin infolge
eines fehlenden Hinweises auf Rollsplitt gestürzt ist und dass sie
zuvor nicht habe erkennen können, dass Rollsplitt auf der Strasse
lag. Aus den Lichtbildern ergibt sich, dass Splitt auf der Strasse
erkennbar war. Die Kl. hatte im Rahmen ihrer Anhörung abweichend von
der Schilderung in der Klagebegründung auch angegeben, dass sie eine
Bremsung eingeleitet hatte, als sie stürzte...).
  VG AACHEN vom 28.11.2013, 3 L 571/13
Zulässigkeit der Anordnung eines Aufbauseminars für einen Fahran-
fänger nach einem Rotlichtverstoss mit einem Fahrrad
Die Fahrerlaubnisbehörde kann gegenüber einem Fahranfänger die
Teilnahme an einem Aufbauseminar anordnen, wenn dieser vor Ablauf
seiner Probezeit wegen Missachtung des Rotlichts einer Lichtzei-
chenanlage als Radfahrer eine Ordnungswidrigkeit begangen hat. (Aus
den Gründen: ...Denn nach dem Wortlaut des Katalogs in Ziffer 2.1
der Anlage 12 zu § 34 I FeV ist die Bewertung einer Ordnungswidrig-
keit als schwerwiegende Zuwiderhandlung unabhängig davon, ob der
jeweilige Verstoss mit einem Kfz oder einem Fahrrad begangen wurde.
Die Wertung des Verordnungsgebers, dass etwa auch Fahrradfahrer,
die einen Rotlichtverstoss begehen, typischerweise ein nicht uner-
hebliches Gefährdungspotential darstellen, ist unter dem Gesichts-
punkt der Verhältnismässigkeit der daran anknüpfenden Massnahmen
und unter Beachtung des Gleichheitssatzes nicht zu beanstanden. Da-
nach verlängert sich die Probezeit um zwei Jahre, wenn die Teilnah-
me an einem Aufbauseminar - wie hier - angeordnet worden ist...

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