BGH: Verweis des Schädigers auf eine „freie“ Fachwerkstatt
Urteil vom 07.02.2017, Az: VI ZR 182/16
BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 Gb, § 254 Abs. 2 Dc
a) Der Schädiger kann den Geschädigten gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer
mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien" Fachwerkstatt verweisen, wenn er darlegt und beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer
markengebundenen Werkstatt entspricht und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb einer markengebundenen Werkstatt unzumutbar
machen würden ( Senatsurteile vom 28. April 2015 - VI ZR 267/14 , VersR 2015, 861 Rn. 9 f.; vom 15. Juli 2014 - VI ZR 313/13 , NJW 2014, 3236 Rn. 8; vom 3. Dezember 2013 - VI ZR 24/13 , VersR 2014,
214 Rn. 9; vom 14. Mai 2013 - VI ZR 320/12 , NJW 2013, 2817 Rn. 8; vom 13. Juli 2010 - VI ZR 259/09 ,DAR 2010, 577Rn. 6 f.; vom 22. Juni 2010 - VI ZR 302/08 , NJW 2010, 2727 Rn. 6 f.).
b) Bei Fahrzeugen, die älter sind als drei Jahre, kann der Verweis auf eine technisch gleichwertige Reparaturmöglichkeit in einer "freien" Fachwerkstatt insbesondere dann unzumutbar sein, wenn der
Geschädigte konkret darlegt, dass er sein Fahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen und dies vom Schädiger nicht widerlegt wird ( Senatsurteile
vom 28. April 2015 - VI ZR 267/14 , VersR 2015, 861 Rn. 10; vom 13. Juli 2010 - VI ZR 259/09 ,DAR 2010, 577Rn. 8; vom 22. Juni 2010 - VI ZR 302/08 , NJW 2010, 2727 Rn. 7 und - VI ZR 337/09, NJW 2010,
2725 Rn. 10 [BGH 22.06.2010 - VI ZR 337/09] ).
c) Ist ein über neun Jahre altes und bei dem Unfall verhältnismäßig leicht beschädigtes Fahrzeug zwar stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt repariert, dort aber in den letzten Jahren vor dem
Unfall nicht mehr gewartet worden, ist der Verweis auf eine "freie" Fachwerkstatt nicht unzumutbar.
BGB: Verweis des Geschädigten auf "freie Fachwerkstatt"
Urteil vom 28.04.2015, Az: VI ZR 267/14
a) Der Schädiger kann den Geschädigten gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer
mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, wenn er darlegt und beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer
markengebundenen Werkstatt entspricht und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb einer markengebundenen Werkstatt unzumutbar
machen würden.
Unzumutbar ist eine Reparatur in einer "freien Fachwerkstatt" für den Geschädigten insbesondere dann, wenn sie nur deshalb kostengünstiger ist, weil ihr nicht die (markt-)üblichen Preise dieser
Werkstatt, sondern auf vertraglichen Vereinbarungen mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers beruhende Sonderkonditionen zugrunde liegen (Bestätigung Senatsurteil vom 22. Juni 2010 - VI ZR
337/09 , VersR 2010, 1097 Rn. 7).
b) Der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer hat darzulegen und zu beweisen, dass die von ihm benannte "freie Fachwerkstatt" für die Reparaturen am Fahrzeug des Geschädigten ihre
(markt-)üblichen, das heißt allen Kunden zugänglichen Preise zugrunde legt (Bestätigung Senatsurteil vom 22. Juni 2010 aaO Rn. 9).
c) Allein der Umstand, dass die fragliche "freie Fachwerkstatt" mit dem Haftpflichtversicherer in Bezug auf Reparaturen von Kaskoschäden seiner Versicherungsnehmer vertraglich verbunden ist, lässt
eine Verweisung auf sie nicht unzumutbar erscheinen.
AG DELMENHORST vom 25.02.2014, 81 DS 630 JS 49051/12 152/13 |
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Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund einer Epilepsie des |
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Betroffenen |
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Kommt es aufgrund eines Epilepsieanfalls des
Betroffenen zu einem |
AG RIESA vom 14.05.2014, |
1 OWI 703 JS 36868/13 |
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Ordnungsgemässe Durchführung einer Atemalkoholmessung mit dem Mess- |
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gerät Dräger "Alcotest 7110 Evidential" |
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Wird die Messung einer Atemalkoholkonzentration
mit dem Gerät Drä- |
AG BERLIN-WEDDING vom 19.08.2014, |
16 C 73/14 |
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Polizeibenutzungsgebührenordnung als Schätzungsgrundlage gem. § 287 |
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ZPO für die regional üblichen Abschleppkosten |
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1.Abschleppkosten i.H.v. 250,-- € sind zu hoch
und damit unangemes- |
AG MÜNCHEN vom 13.08.2014, |
345 C 5551/14 |
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Keine Verwertbarkeit einer Dashcam-Aufzeichnung als Beweismittel im |
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Zivilprozess |
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Da die dauerhafte Verwendung von sog. Dashcams
gegen § 6 b I Nr.3 |
BGH vom 27.08.2014, |
4 STR 259/14 |
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Rechtfertigung einer Verkehrsunfallflucht bei Verlassen des Unfall- |
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orts wegen eigener Verletzung |
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Bleibt ein Unfallverursacher nicht an der
Unfallstelle, kann sein |
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KG vom 8.10.2014, |
3 WS B 488/14-162 SS 135/14 |
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Kein Absehen von der Verhängung eines Regelfahrverbots bei berufli- |
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cher Tätigkeit im Aussendienst und Umstand der Alleinerziehung |
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1.Das Verhängen eines Regelfahrverbotes
schränkt grundsätzlich die |
VG FRANKFURT AN DER ODER vom 16.12.2014, |
VG 2 L 703/14 |
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Anordnung einer rechtmäßigen Fahrerlaubnisentziehung nach dem neuen |
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StVG |
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Dem Fahrer darf die Fahrerlaubnis nur dann
entzogen werden, wenn er noch nicht den hierfür erforderlichen Punktestand von 8 Punkten erreicht, weshalb ihm die Fahrerlaubnis nicht nach § 4 V S.1 Nr.3 StVG n.F. entzogen werden konnte. Dies ergibt sich aus der Regelung des § 4 VI StVG n.F. Für den Antragsteller hatten sich bereits am 10.06.2014 - dem Datum der Begehung des Verkehrsverstosses Nr.13 - 8 Punkte "ergeben". Da die Verwarnung erst am 21.06.2014 erfolgte, hat sich der Punktestand des Antragstellers auf 7 Punkte reduziert. Eine Entziehung kam nicht in Betracht...). |
VG GELSENKIRCHEN vom 13.10.2014, | 7 L 1410/14 | ||
Sofortige Entziehung der Fahrerlaubnis bei THC-Wert von 1,5 ng/ml | |||
Die Fahrerlaubnisbehörde kann die sofortige Entziehung einer Fahrerlaubnis anordnen, wenn der Betroffene nach erfolgtem Cannabiskonsum ein Fahrzeug mit einem Wert von 1,5 ng/ml im Verkehr führt und auch keine Gründe ersichtlich sind, die gegen eine sofortige Entziehung sprechen. (Aus den Gründen: ...Ein eventuelles Beweisver- wertungsverbot wegen Verstosses gegen den Richtervorbehalt nach § 81 a StPO im Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren, auf das sich der Antragsteller im Verwaltungs- und Antragsverfahren berufen hatte, führt aufgrund der unterschiedlichen Schutz- richtungen der jeweiligen Verfahrens- ordnungen nicht zur Unverwertbarkeit im fahr- erlaubnisrechtlichen Verfahren. Die mit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis verbundenen persönlichen und beruflichen Schwierigkeiten für den Antragsteller sind vergleichsweise gering. Ihnen steht das öffentliche Interesse am Schutz von Leib, Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer gegenüber, das eindeutig überwiegt...). |
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OLG HAMM vom 29.08.2014, | 9 U 78/13 | ||
Verkehrssicherungspflicht eines Radweges bei 5 cm hoher Belagkante | |||
- Haftungsquote von 50% bei Sturz eines zu schnellen Radfahrers | |||
1.Das Vorhandensein einer 5 cm hohen, in Fahrtrichtung 45 Grad schräg verlaufenden Asphaltkante auf einem für den Radverkehr frei- gegebenen unbeleuchteten Uferweg stellt eine abhilfebedürftige Ge- fahrenstelle dar. 2.Die Nichtbeachtung des Sichtfahrgebots durch den Radfahrer rechtfertigt in einem solchen Fall einen Eigenverschul- dens-/Mitverschuldensanteil von 50%. (Aus den Gründen: ...Der Zu- stand der Wegeoberfläche verlangt von dem Radfahrer an dieser Stelle ein besonderes Mass an Aufmerksamkeit. Dieses einzuhalten wird ihm bei Dunkelheit dadurch erschwert, dass der Weg nicht beleuchtet ist. Dass auch der Radfahrer nach § 3 I S.2 StVO seine Fahrgeschwindig- keit den Sichtverhältnissen anpassen muss, und bei Dunkelheit nur so schnell fahren darf, dass er die vor ihm liegende Strecke übersehen kann, entlastet den Beklagten nicht. Der Bekl. hätte daher die Ge- fahrenstelle beseitigen, zumindest aber in ausreichendem Abstand vor der Gefahrenstelle auf diese hinweisen müssen...). |
OLG BREMEN vom 18.06.2014, | 1 SS BS 51/13 | ||
I.d.R. kein Zweifel an objektiver Sorgfaltspflichtverletzung bei | |||
Erreichen des analytischen Grenzwertes von THC nach Fahrtende | |||
1.Ein Konsument von Cannabis darf sich als Kraftfahrer erst in den Strassenverkehr begeben, wenn er sicherstellen kann, den analyti- schen Grenzwert von 1,0 ng/ml THC im Blutserum nicht mehr zu errei- chen. Das erfordert ein ausreichendes - ggf. mehrtägiges - Warten zwischen letztem Cannabiskonsum und Fahrtantritt. 2.Im Regelfall besteht für den Tatrichter kein Anlass an der objektiven Sorgfalts- pflichtverletzung und dem subjektiven Sorgfaltsverstoss zu zwei- feln, wenn der analytische Grenzwert nach Beendigung der Fahrt er- reicht ist. (Aus den Gründen: ...Der Umstand, dass der zulässige Grenzwert von THC im Blutserum nur geringfügig überschritten ist, ändert an der Voraussehbarkeit einer zum Tatzeitpunkt objektiv noch andauernden Wirkung durch das Rauschmittel nichts. Systematische Erwägungen sprechen nicht dagegen, im Regelfall davon auszugehen, dass der Betroffene das Kfz unter der Wirkung von THC fahrlässig geführt hat...). |
BVERWG vom 23.10.2014, | 3 C 3/13 | ||
Gerechtfertigter Entzug der Fahrerlaubnis bei einem THC-Wert von | |||
1,3 ng/ml | |||
Von einer ausreichenden Trennung von Cannabiskonsum und Fahren im Sinne der FeV kann nur ausgegangen werden, wenn ein gelegentlicher Konsument von Cannabis seinen Konsum und das Fahren in jedem Fall so trennt, dass eine cannabisbedingte Beeinträchtigung seiner Fahr- tüchtigkeit unter keinen Umständen eintreten kann. Davon konnte beim Kläger nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Be- rufungsgerichts aufgrund des bei ihm festgestellten THC-Pegels - im vorliegenden Fall 1,3 ng/ml THC - nicht ausgegangen werden. (Aus den Gründen: ...Bei ihm wurde nach einer Verkehrskontrolle wegen des Verdachts, dass er unter der Wirkung von Cannabis gefahren sei, eine Blutprobe entnommen. Es hat die Rechtsauffassung des Beru- fungsgerichts bestätigt, dass bei einem gelegentlichen Cannabiskon- sumenten der Konsum und das Fahren nur dann in der gebotenen Weise zeitlich getrennt werden, wenn eine Beeinträchtigung der Fahrtüch- tigkeit nicht eintreten kann...). |
OLG BAMBERG vom 18.03.2014, | 3 SS OWI 274/14 | ||
Ermessen des Tatrichters beim Regelfahrverbot | |||
Die von den Gerichten im Interesse der Gleichbehandlung der Ver- kehrsteilnehmer und der Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit der durch bestimmte Verkehrsverstösse ausgelösten Rechtsfolgen zu beach- tende Vorbewertung des Verordnungsgebers in § 4 I BKatV gilt auch für die Dauer des aufgrund einer groben Verletzung der Pflichten ei- nes Kraftfahrzeugsführers i.S.v. § 25 I S.1 StVG verwirkten Regel- fahrverbots. (Aus den Gründen: ...Von der Verhängung eines Regel- fahrverbots kann nur dann abgesehen werden, wenn wesentliche Beson derheiten in der Tat oder in der Persönlichkeit des Betroffenen an- zunehmen sind und deshalb der vom Bussgeldkatalog erfasste Normal- fall nicht vorliegt. Der Tatrichter ist gehalten, vor einer Verkür- zung der im Bussgeldkatalog vorgesehenen Regeldauer des Fahrverbots zu prüfen, ob der jeweilige Einzelfall Besonderheiten aufweist, die die Abkürzung rechtfertigen können und daneben eine angemessene Er höhung der Regelbusse als ausreichend erscheinen lassen...). |
LG ARNSBERG vom 11.09.2014, | 6 QS 81/14 | ||
Räumlicher Zusammenhang bei der Unfallflucht | |||
Für ein tatbestandsmässiges Entfernen genügt beim unerlaubten Ent- fernen vom Unfallort eine Absetzbewegung derart, dass der räumliche Zusammenhang zwischen dem Beteiligten und dem Unfallort aufgehoben und seine Verbindung mit dem Unfall nicht mehr ohne Weiteres erkenn- bar ist. Davon ist bei einer Entfernung von ca. 400-500 m nach der eigentlichen Unfallstelle auszugehen. |
OLG HAMM vom 6.02.2014, | I-6 U 80/13 | ||
Keine Haftung eines Vereins gegenüber seinen Mitgliedern bei Teil- | |||
nahme an einer Fahrradtour und Vorkehrungen zur Srassenüberquerung | |||
1.Veranstaltet ein Verein für Vereinsmitglieder eine Fahrradtour, können sich daraus Sicherungspflichten der Organisatoren für die Teilnehmer ergeben, bei deren Verletzung eine Haftung des Vereins nach §§ 280, 278 BGB oder §§ 823, 31, 831 BGB in Betracht kommt. 2.Eine schuldhafte Verletzung von Sicherungspflichten liegt nicht vor, wenn die Organisatoren durch Aufstellen von Warnposten ein ge- fahrloses Überqueren übergeordneter Straßen durch die Gruppe ge- währleisten, eine vergleichbare Sicherung von einzeln fahrenden Nachzüglern aber nicht erneut vornehmen. Für einzeln fahrende Nach- zügler ist insoweit kein Vertrauen darauf gerechtfertigt, dass die im Hinblick auf das gruppenbedingt atypische Verhalten der ge- schlossenen Radfahrergruppe ergriffenen Vorkehrungen auch für sie aufrechterhalten oder erneut veranlasst werden. (Aus den Gründen: ...Um eine ungewöhnlich gefährliche Stelle handelte es sich nicht...). (s.a. gl. Entsch. u.a. Az. = Dok.Nr. 104031). |
LG BERLIN vom 9.05.2014, | 22 O 8/14 | ||
Zulässigkeit einer Verjährungsverkürzung auf ein Jahr in einer | |||
Klausel bei Verkauf eines Gebrauchtwagens von Händler an Verbraucher | |||
Verkauft ein Kfz-Händler ein Gebrauchtfahrzeug an einen Verbraucher und verkürzt er seine Haftung für Sachmängel in einer Kaufvertrags- klausel auf ein Jahr, hält dies einer Inhaltskontrolle statt und es liegt auch kein Verstoss gegen ein Klauselverbot vor. (Aus den Gründen: ...Die Reduzierung der Verjährungsdauer auf ein Jahr ist nicht mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der hierdurch abgewichen wird, unvereinbar. Vielmehr hält sie sich innerhalb des Rahmens, den der Gesetzgeber in § 475 II BGB aus- drücklich auch für sogenannte Verbraucherverträge gezogen hat. Eine Reduzierung der Verjährungsfrist auf ein Jahr ist beim Kauf ge- brauchter Sachen zulässig. § 475 II BGB ist eine vom Gesetzgeber gewollte Ausnahme zu § 438 I Nr.3 BGB. Durch die Vereinbarung in den AGB werden auch nicht Rechte und Pflichten derart einge- schränkt, dass i.S.d. § 307 II Nr.2 BGB die Erreichung des Ver- tragszwecks gefährdet ist...). |
AG HAMBURG-ST.GEORG vom 9.07.2013, | 912 C 42/13 | ||
Unzumutbarkeit der Verweisung eines Geschädigten an eine mit dem re- | |||
gulierenden Versicherer Vertragsbeziehungen unterhaltende Werkstatt | |||
1.Einem Geschädigten ist die Verweisung an eine günstigere "freie Werkstatt" dann unzumutbar, wenn diese nur dann ein preiswerteres Reparaturangebot abgibt, weil sie vertragliche Beziehungen zur Kfz- Haftpflichtversicherung des Schädigers unterhält. 2.Zweifelt die regulierende Versicherung den Schaden an, sind die Kosten einer weiteren Untersuchung durch den Gutachter notwendige Kosten. 3.Ei- ne Kostenpauschale i.H.v. 25,-- € ist angemessen. (Aus den Gründen: ...Der Kläger hat unter Anbietung von Zeugenbeweis vorgetragen, dass ihm von der Firma selbst bestätigt worden sei, dass zwischen der Firma und der Beklagten Sonderkonditionen vereinbart worden seien. Das Gericht wertet diesen Vortrag als von der Bekl. zuge- standen. Will sich der Geschädigte zur eigenen Absicherung beschei- nigen lassen, dass die Reparatur fachgerecht durchgeführt worden sei, so handelt es sich um eine eigene Vorsorgeaufwendung, für die der Kl. selbst aufkommen muss...). |
OLG KARLSRUHE vom 29.07.2014, | 1 3 SSRS 569/11-AK 145/11 | ||
Smear-Effekt als verlässliche Grundlage für ordnungsgemässe Messung | |||
der Geschwindigkeit beim Poliscan-Speed-Messverfahren | |||
Eine verlässliche Messung der Geschwindigkeit kann im Rahmen des Poliscan-Speed-Messverfahrens auch einzig auf den sog. Smear-Effekt - Lichtspuren in Form von hellen Streifen auf dem Foto bei digitalen Kameras - gestützt werden. (Aus den Gründen: ...Der Senat neigt zur Ansicht, dass bei der Anwendung des PoliScan-Speed-Messverfah- rens eine verlässliche Geschwindigkeitsmessung auch allein auf den sog. Smear-Effekt gestützt werden kann. Voraussetzung einer solchen verlässlichen und verwertbaren Berechnung der Geschwindigkeit, auch im Hinblick auf die konkret zugrunde liegenden Toleranzen, ist je- doch eine in jedem Einzelfall durchzuführende sachverständige Über- prüfung des Messvorgangs, in welcher, wie oben dargelegt, unter an- derem die konkrete Zeilenauslesezeit, die Aufstellhöhe der Kamera und der Aufstellwinkel der Kamera sowohl bezogen auf die Fahrbahn- oberfläche als auch auf das fotografierte Objekt konkret ermittelt und einbezogen werden müssen...). |
AG LANGEN (HESSEN) vom 23.01.2014, | 31 CS-1400 JS 29594/13 | ||
Absehen von Fahrerlaubnisentziehung bei Verkehrsdelikten aufgrund | |||
schwerer emotionaler Lage und keinen vorherigen Auffälligkeiten | |||
Trotz der Verurteilung eines Angeklagten aufgrund einer fahrlässi- gen Gefährdung des Strassenverkehrs sowie einem unerlaubten Entfer- nen vom Unfallort in Tateinheit mit Trunkenheit im Verkehr kann von der Entziehung der Fahrerlaubnis des Angeklagten abgesehen werden, wenn dieser bisher stets ordnungsgemäss am Strassenverkehr teilge- nommen hat und ihn ein schwieriger emotionaler Zustand (hier: bal- diger Tod der langjährigen Lebensgefährtin) zu den Taten getrieben hat. (Aus den Gründen: ...Der Angeklagte nahm langjährig am Stras- senverkehr unbeanstandet teil. An dem Tattag war er in einer schwierigen emotionalen Lage. Er erfuhr, dass seine langjährige Lebensgefährtin, mit der er zusammen wohnte und die unter schwer- wiegenden Speiseröhrenkrebs litt, keine lange Lebenserwartung mehr haben würde. Die Tat erfolgte unter diesem einmaligen Eindruck, und er war in dieser Situation nicht in der Lage, klare Gedanken zu fas- sen und beschreibt seinen Zustand selbst als durcheinander...). |
OLG FRANKFURT AM MAIN vom 31.10.2013, | 15 U 127/13 | ||
Schadensminderungsobliegenheiten bei längerem Nutzungsausfall | |||
1.Zu den Schadensminderungspflichten des Geschädigten zählt, den Schädiger darüber zu informieren, wenn eine aussergewöhnlich lange Reparatur und damit ein sehr hoher Schaden hinsichtlich des Aus- falls der Nutzung eines Fahrzeugs droht. 2.Privatpersonen können grundsätzlich keine Vorhaltekosten geltend machen. 3.Die Zeit, die ein Geschädigter zur Regulierung eines Schadens benötigt, kann grundsätzlich nicht als Vermögensschaden geltend gemacht werden. (Aus den Gründen: ...In diesem Zusammenhang gilt es zu berücksich- tigen, dass der Nutzungsausfall nicht notwendiger Teil des an einem Kfz in Natur eingetretenen Schaden ist. Dabei gilt, dass der Ge- schädigte im Rahmen seiner Schadensminderungsobliegenheit gehalten ist, den Schädiger auf die Gefahr eines drohenden höheren Schadens hinzuweisen. Dieser Zeitaufwand gehört zur eigenen Sphäre des Ge- schädigten. Er wird vom Schutzzweck der Haftungsnormen nicht er- fasst...). |
OLG SAARBRÜCKEN vom 18.07.2013, | 4 U 93/12-27 | ||
Weiternutzung eines Fahrzeugs für sechs Monate als Voraussetzung | |||
für eine fiktive Abrechnung der Reparaturkosten | |||
Ein Fahrzeug muss mindestens sechs Monate weiter genutzt werden und verkehrssicher repariert werden, wenn die Reparaturkosten nach ei- nem Unfall fiktiv geltend gemacht werden. (Aus den Gründen: ...Un- streitig ist das Kfz ausweislich der auf den 23.05.2011 datierten Reparaturbescheinigung des Sachverständigen entsprechend den Vorga- ben des Sachverständigen in seinem Gutachten repariert worden. Der Kläger macht gleichwohl nicht die konkreten Kosten dieser Reparatur geltend, sondern nach wie vor den fiktiven Reparaturaufwand auf Grund der Ermittlungen des Sachverständigen. Daher kommt es für die Erstattung über die durchgeführte Reparatur hinaus entscheidend da- rauf an, ob der Kl. das Kfz nach dem Unfall mindestens sechs Monate lang weitergenutzt hat. Hiervon kann indes nicht ausgegangen wer- den. Unstreitig hat der Kl. das Kfz bereits am 23.11.2010 abgemel- det und die Prozessbevollmächtigte des Kl. hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass das Kfz noch immer abgemeldet ist...). |
OLG OLDENBURG vom 13.01.2014, | 2 SSBS 364/13 | ||
Absehen von einem Fahrverbot bei fehlender Einhaltung des Mindest- | |||
abstandes zwischen Geschwindigkeitsbeschränkung und "Blitzer" | |||
Bei Nichteinhaltung der Abstandsvorschrift zwischen geschwindig- keitsbeschränkter Anordnung und Geschwindigkeitsmessanlage kann der Schuldgehalt einer Tat geringer bewertet werden mit der Folge, dass allein die Verwirklichung des Tatbestandes noch keine grobe Verlet- zung der Pflichten eines Kraftfahrers darstellt und im Einzelfall daher von einem Regelfahrverbot Abstand genommen werden kann. (Aus den Gründen: ...Ein Kraftfahrer hat seine Geschwindigkeit grds. so einzurichten, dass er bereits beim Passieren eines die Geschwindig- keit regelnden Verkehrszeichens die vorgeschriebene Geschwindigkeit einhalten kann. Allerdings trägt die Rechtsprechung möglichen Un- wägbarkeiten bei der Einfahrt in eine Zone mit veränderter Ge- schwindigkeitsregelung bei der Frage des Ausmasses des Verschuldens grds. Rechnung, indem sie dem Kraftfahrer zubilligt, dass er mit ge- wissen Abständen zwischen Geschwindigkeits regelnden Verkehrszeichen und Messstrecke rechnen kann...). |
VG WÜRZBURG vom 2.12.2013, | W 6 S 13/1151 | ||
Alkoholbedingter Fahrerlaubnisentzug auch ohne Alkoholisierung im | |||
Strassenverkehr | |||
1.Auch ein missbräuchlicher Alkoholkonsum ausserhalb des Strassen- verkehrs führt zur Entziehung der Fahrerlaubnis, wenn zu erwarten ist, dass der Betreffende künftig nicht zwischen Alkoholkonsum und Teilnahme am Strassenverkehr trennen kann. 2.Unter diesen Vorausset- zungen kann auch das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge, z.B. Fahrräder, untersagt werden, wenn keine Beschränkungen oder Aufla- gen in Betracht kommen. (Aus den Gründen: ...Das Gutachten kommt nachvollziehbar dazu, dass dem Antragsteller gerade aufgrund sei- nes Alkoholkonsums und seiner Trinkgewohnheiten das Bewusstsein fehlt, dass der Alkoholmissbrauch zu einer Abstumpfung gegen die Giftwirkung des Alkohols und deren Folgen für die Verhaltenssteue- rung gelangt. Die beim Antragsteller zweifach festgestellte Blutal- koholkonzentration von mindestens 1,6 Promille belegt, dass er über deutlich normabweichende Trinkgewohnheiten und eine ungewöhnliche Giftfestigkeit verfügt...). |
Textfeld >>
AG LÜDINGHAUSEN vom 17.02.2014, | 19 OWI-89 JS 86/14-14/14 | ||
"Handyverstoss" bei Weglegen eines Mobiltelefons von einer Ablage | |||
vor einer Windschutzscheibe während der Fahrt | |||
Ein Verstoss gegen § 23 I a StVO liegt auch vor, wenn der Betroffe- ne (Betr.) ein auf der Ablage vor seiner Windschutzscheibe liegen- des Handy, welches aufblendet und hierdurch anzeigt, dass der Akku aufgeladen werden muss, wegen der Blendung beim Fahren in die Hand nimmt, darauf schaut und es dann zur Seite legt, um eine weitere Blendung zu vermeiden. (Aus den Gründen: ...Zwar ist der Betr. durch die Aussage des am Tatort eingesetzten Polizeibeamten über- führt worden, sein Handy in der rechten Hand gehalten und mit dem Daumen auf dem Handy herumgetippt zu haben, was unzweifelhaft ein verbotswidriges Benutzen eines Mobiltelefons und somit einen Ver- stoss gegen das Verbot des § 23 I a StVO darstellt. Er wäre jedoch auch nach seiner eigenen Einlassung wegen Verstosses gegen diese Vorschrift zu verurteilen gewesen, da er geltend gemacht hat, er habe das Handy auf der Ablage vor seiner Windschutzscheibe liegen gehabt...). |
OVG MÜNSTER vom 14.11.2013, | 16 B 1146/13 | ||
Erforderlichkeit des Hinzutretens tatsächlicher Umstände für Anord- | |||
nung einer MPU bei Alkoholauffälligkeit nicht im Strassenverkehr | |||
Nicht (unmittelbar) strassenverkehrsbezogene Alkoholauffälligkeiten begründen einen die Anordnung eines medizinisch - psychologischen Gutachtens erfordernden Verdacht auf Alkoholmissbrauch, wenn weitere tatsächliche Umstände hinzukommen, die in der Gesamtschau mit einer vermuteten Alkoholproblematik bei realistischer Betrachtung die An- nahme rechtfertigen, dass das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können. (Aus den Gründen: ...Allerdings reicht allein die Feststellung, dass bei einem Fahrerlaubnisinhaber in der Vergangenheit eine Alkoholkonzentration festgestellt wurde, die auf ein deutlich normabweichendes Trinkverhalten und eine weit überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung schliessen lässt, nicht aus, um den Verdacht zu begründen, dass der Betroffene zukünftig ein Kfz führen könnte, obwohl er hierzu aufgrund alkoholbedingter Beein- trächtigungen nicht mehr uneingeschränkt in der Lage ist...). |
AG LÜDINGHAUSEN vom 17.02.2014, | 19 OWI-89 JS 155/14-21/14 | ||
Beschränkung des Fahrverbots auf einzelne Fahrzeugarten - Kein Fall | |||
des Absehens vom Regelfahrverbot | |||
1.Ein starker Stuhldrang als Ursache einer Geschwindigkeitsüber- schreitung führt nicht zum Absehen vom Regelfahrverbot aus dem Ge- sichtspunkt einer sog. "notstandsähnlichen Situation", wenn der Be- troffene sich dahin eingelassen hat, er habe bereits vor Erreichen der Geschwindigkeitsbegrenzungszone Probleme in seinem Darm wahrge- nommen, unter denen er bereits seit geraumer Zeit leide. 2.Ein ein- monatiges Regelfahrverbot kann auf "alle Fahrzeugarten mit Ausnahme von Kfz der Fahrerlaubnisklassen C und CE" beschränkt werden. 3.Eine Beschränkung eines Fahrverbots auf einzelne Fahrzeugarten stellt keinen Fall des Absehens von einem Regelfahrverbot i.S.d. § 4 IV BKatV dar. Insb. enthält die Bussgeldkatalog-Verordnung keine Vor- schrift, aus der sich ergibt, dass stets ein alle Fahrzeugarten betreffendes Fahrverbot als Regel festzusetzen wäre - vielmehr ist auf den Erziehungszweck des Fahrverbots abzustellen und der Umfang im Hinblick auf die betroffenen Fahrzeugarten hieran auszurichten. |
OVG LÜNEBURG vom 30.01.2014, | 12 ME 243/13 | ||
Widerlegung der Haltervermutung bei fehlender Identität von Fahr- | |||
zeughalter und Zulassungsinhaber | |||
1.Der Halterbegriff ist im Strassenverkehr - wie im § 7 StVG und § 31 a StVZO - einheitlich zu bestimmen. 2.In der Regel ist der Zu- lassungsinhaber und Versicherungsnehmer (VN) eines Fahrzeuges auch dessen Halter. Die sich aus den genannten Indizien ergebende Vermu- tung kann jedoch - wie im vorliegenden Fall geschehen - widerlegt werden. (Aus den Gründen: ...Der Antragsteller hat bereits im Ver- waltungsverfahren geltend gemacht, die tatsächliche Verfügungsge- walt über das Fahrzeug habe ausschliesslich seine Tochter, die auch die Kosten für Benzin, Steuern und Versicherung trage. Mithin sei sie und nicht er Halter des Fahrzeugs. Der Antragsgegner hätte die- sen Vortrag zum Anlass nehmen können bzw. müssen. Insb. hätte es nahegelegen, um Glaubhaftmachung dieser Behauptung etwa durch Bele- ge o. ä. zu bitten und, falls sie sich dann als korrekt herausge- stellt hätte, die Fahrtenbuchauflage sogleich gegen die Tochter des Antragstellers zu richten...). |
OVG MÜNSTER vom 21.11.2013, | 16 B 1288/13 | ||
Tattagprinzip für den Punktestand im VZR - Keine Bedeutung von Til- | |||
gungen bis zum Erlass einer Entziehungsverfügung | |||
1.Bei der Ermittlung des Punktestandes im VZR ist der Tattag einer Ordnungswidrigkeit entscheidend. Die Tilgung einer früheren Tat im Zeitraum zwischen der neuen Tat und deren rechtskräftiger Ahndung ist unerheblich. 2.Für die Entziehung einer Fahrerlaubnis genügt, wenn der Betroffene in dem vorangegangenen Zeitraum 18 Punkte oder mehr im VZR vorliegen hatte. Der Punktestand bei Erlass der Entzie- hung und mittlerweile erfolgte Tilgungen sind irrelevant. (Aus den Gründen: ...Die Gefahr besteht, dass betroffene Fahrerlaubnisinha- ber Rechtsmittel aus rein taktischen Überlegungen einlegen, um die Rechtskraft der die Tat ahndenden Entscheidung hinauszuzögern und in den Genuss der Tilgungsreife zu kommen.) ... |
OVG MÜNSTER vom 22.10.2013, | 16 B 1124/13 | ||
Zulässigkeit einer Fahrerlaubnisentziehung wegen fehlender Kraft- | |||
fahreignung nach Drogenkonsum und Strassenverkehrsteilnahme | |||
Eine Fahrerlaubnisentziehung ist gerechtfertigt, wenn feststeht, dass der Betroffene (Betr.) nach einem Konsum von Amphetamin und Cannabis ein Fahrzeug im Strassenverkehr geführt hat, weil er auf- grund dessen kraftfahrungeeignet ist. An dieser Beurteilung ändert sich nichts, wenn der Betr. angibt, dass er keine Erinnerung mehr an den Konsum habe. (Aus den Gründen: ...Hinreichende Anhaltspunkte da- für, dass der Antragsteller seine zuvor verlorene Kraftfahreignung zu dem für die gerichtliche Prüfung der Rechtmässigkeit der ange- fochtenen Ordnungsverfügung masgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses bereits widererlangt hatte, sind nicht ersichtlich. Das mit der Be- schwerde vorgelegte Urinscreening ist erst nach Ergehen der Entzie- hungsverfügung durchgeführt worden und wäre im Übrigen für sich al- lein zum Beleg einer längerfristigen Drogenfreiheit ohnehin nicht geeignet. Abgesehen davon begegnet seine Verwertbarkeit erheblichen Bedenken...). |
BVERWG vom 20.06.2013, | 3 B 10/12 | ||
Zulässigkeit einer MPU-Anordnung nach Führen eines Fahrrades mit | |||
einer BAK von 1,6%o im Strassenverkehr | |||
Das Fahrradfahren im Strassenverkehr mit einer BAK von 1,6%o oder mehr rechtfertigt nach § 3 II i.V.m. § 13 S.1 Nr.2 c FeV die Anord- nung, ein medizinisch - psychologisches Gutachten über die Eignung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge beizubringen. (Aus den Gründen: ...§ 13 S.1 Nr.2 c FeV differenziert nicht nach Fahrzeug- arten, so dass sie nicht das Führen eines Kfz voraussetzt. Demge- mäss gilt die Bestimmung auf Grund der Verweisung in § 3 II FeV auch für Fahrradfahrer, ohne das sie eine Fahrerlaubnis beantragt haben oder Inhaber einer solchen Erlaubnis sein müssen. Dies gebie- tet auch Sinn und Zweck der Norm. Da eine festgestellte BAK von 1,6%o oder mehr den Verdacht eines die Fahreignung ausschliessenden Alkoholmissbrauchs begründet, muss daher schon aus Gründen der Ge- fahrenabwehr den Eignungszweifeln nachgegangen werden, und unabhän- gig davon, ob der Fahrzeugführer Inhaber einer Erlaubnis zum Führen von Kfz ist oder eine solche Erlaubnis anstrebt...). |
OLG CELLE vom 28.10.2013, | 322 SSRS 280/13 | ||
Möglichkeit des Übersehens von Verkehrszeichen nur bei Vorliegen von | |||
Indizien - Vorsatz bei erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitungen | |||
1.Es kann davon ausgegangen werden, dass ordnungsgemäss aufgestell- te Vorschriftszeichen von Verkehrsteilnehmern in aller Regel wahr- genommen werden. Daher braucht die Möglichkeit, dass der Betroffene das Vorschriftszeichen übersehen hat, nur in Rechnung gestellt zu werden, wenn sich hierfür Anhaltspunkte ergeben. 2.Bei erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitungen kann in der Regel von vorsätzli- cher Begehungsweise ausgegangen werden, wobei dies nach der Recht- sprechung ab Überschreitungen von ca. 40% angenommen wird. Bei niedrigeren Überschreitungen müssen weitere Indizien herangezogen werden, wie etwa das Vorliegen von mehreren Geschwindigkeitsüber- schreitungen in engem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang. (Aus den Gründen: ...Der Betroffene hat sich nicht darauf berufen, die Begrenzung übersehen zu haben, sondern die Ordnungsmässigkeit der Messung angezweifelt. Die Feststellungen tragen mithin nur eine Verurteilung wegen fahrlässiger Begehungsweise...). |
OLG BRANDENBURG vom 20.08.2013, | 2 U 34/12 | ||
Anscheinsbeweis der Ursächlichkeit von Rollsplitt für Sturz mit | |||
Motorrad - Entkräftung des Anscheinsbeweises | |||
1.Stürzt ein Motorradfahrer bei Rollsplitt auf der Strasse und wur- den keine Hinweisschilder angebracht, dass sich Rollsplitt auf der Strasse befindet, spricht zunächst ein Anscheinsbeweis dafür, dass sich der Sturz aufgrund des Rollsplitts ereignet hat. 2.Treten aber weitere mögliche Ursachen für den Unfall hinzu, aufgrund derer sich der Unfall ebenfalls hätte ereignen können, wie etwa eine den Stras- senverhältnissen nicht angemessene Fahrweise oder eine verspätete Bremsung, so ist der Anscheinsbeweis entkräftet. (Aus den Gründen: ...Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass die Klägerin infolge eines fehlenden Hinweises auf Rollsplitt gestürzt ist und dass sie zuvor nicht habe erkennen können, dass Rollsplitt auf der Strasse lag. Aus den Lichtbildern ergibt sich, dass Splitt auf der Strasse erkennbar war. Die Kl. hatte im Rahmen ihrer Anhörung abweichend von der Schilderung in der Klagebegründung auch angegeben, dass sie eine Bremsung eingeleitet hatte, als sie stürzte...). |
VG AACHEN vom 28.11.2013, | 3 L 571/13 | ||
Zulässigkeit der Anordnung eines Aufbauseminars für einen Fahran- | |||
fänger nach einem Rotlichtverstoss mit einem Fahrrad | |||
Die Fahrerlaubnisbehörde kann gegenüber einem Fahranfänger die Teilnahme an einem Aufbauseminar anordnen, wenn dieser vor Ablauf seiner Probezeit wegen Missachtung des Rotlichts einer Lichtzei- chenanlage als Radfahrer eine Ordnungswidrigkeit begangen hat. (Aus den Gründen: ...Denn nach dem Wortlaut des Katalogs in Ziffer 2.1 der Anlage 12 zu § 34 I FeV ist die Bewertung einer Ordnungswidrig- keit als schwerwiegende Zuwiderhandlung unabhängig davon, ob der jeweilige Verstoss mit einem Kfz oder einem Fahrrad begangen wurde. Die Wertung des Verordnungsgebers, dass etwa auch Fahrradfahrer, die einen Rotlichtverstoss begehen, typischerweise ein nicht uner- hebliches Gefährdungspotential darstellen, ist unter dem Gesichts- punkt der Verhältnismässigkeit der daran anknüpfenden Massnahmen und unter Beachtung des Gleichheitssatzes nicht zu beanstanden. Da- nach verlängert sich die Probezeit um zwei Jahre, wenn die Teilnah- me an einem Aufbauseminar - wie hier - angeordnet worden ist... |